Am Sonnabend hatte eine kleine Abordnung unseres Vereins einen Spezialauftrag. Unser Mitglied Enrico, von vielen nur Schlabba genannt, gab seiner Ex-Exfreundin, vielen als Netsche oder Zahnputzfee bekannt, dass lang ersehnte Ja-Wort. Lang ersehnt?
Nach 17 Jahren intensivster Probezeit und einer gemeinsamen Frucht ihrer Liebe, umgangssprachlich nur plump Kind genannt, stand der Entschluss fest – ja, wir trauen uns.
Um das Paar und vor allem unsern Schlabba zu überraschen, fuhren wir mit 5 EMW und zwei blauen Schwalben zum Schloss Reckahn. Das Schloss der Rochow`s ist weit bekannt. Ist es doch Freidrich Eberhard von Rockow als Pädagoge und aufklärerischer Schulreformer zu verdanken, dass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Schulbildung allen zugänglich gemacht wurde. Um es mit einfachen Worten zu sagen, zukünftig sollte der Bauer durch reiches Wissen seine Ernte „mährrrrren“ und nicht weiter nur dank der Dummheit große Knullen ernten. Im groß angelegten Sichelzug umfuhren wir das Schloss auf Wegen, die früher nur der ABV (für Leser aus dem neuen Zuzugsgebiet links der Elbe, der Abschnittsbevollmächtigte) kannte, wenn er wieder Jagd auf kleine Strolche macht. In der DDR gab es ja keine Kriminellen.
Vor dem Schlosspark angekommen, ein kurzer Stopp, schnell noch etwas Flüstersprit in den Tank, die Lager mit Leiselauföl benetzt und weiter ging`s. Die letzten Meter wurden die Maschinen geschoben um keine Geräusche zu machen. Ich kam mir vor wie Gojko Mitic‘, der als Häuptling Ulzana (ich muss wieder abschweifen: es ist ein Indianerstamm aus Arizona, der sesshaft geworden ist und Ackerbau betreibt, so wie der Bauer in der Mark Brandenburg), auf jeden Fall, als Ulzana seinem Pferd die Hufe mit Fellen umwickelte, um sich lautlos an den bösen weißen Mann heranzuschleichen. Für Ältere dagegen erzeugte das Bild der kleinen „Kampfgruppe“ die Erinnere: …. wir machen zu, den Kessel!
Vor der Freitreppe stellten wir die Maschinen im Spalier auf und unser Präsident hatte sich noch einen kleinen Streich überlegt. Oh wie waren die Augen groß, als die Überraschung erblickt wurde. Um den Weg in das Eheglück frei zu bekommen, musste die Zwei mit weißen Handschuhen ein paar Ersatzteile vom Seil knüppern. Gleichzeitig war das auch schon eine kleine Ansage an die Ehefrau, das dieses noch öfter passieren wird, wenn Schlabba wieder in seiner Scheune an den Maschinen bastelt.
Auf dem Rückweg nach Kloster Lehnin wurde die Hochzeitskutsche (eine Nobelmarke aus der nichtsozialistischen Wirtschaftszone, genauer aus der Edelschmiede Ingolstadt) durch uns eskortiert. Ok, es war ein Audi S 8 in Weiß, wobei dem Technikwissenden sofort einfallen wird, dass es von der Firma Kässbohrer einmal den Setra S8 gab. Das war ein Bus mit wesentlich mehr Platz, als es ihn heute der Audi zu bieten vermag. Die Speerspitze bildeten die EMW`s und dahinter flogen die zwei blauen Schwalben. Es war eine wahnsinnige Herausforderung an Mensch und Schwalbe, denn Schwalben sind halt keine Synchronflieger. So fuhren wir über die Dörfer mit dem glücklichen Hochzeitspaar bis nach Lehnin, wo im Klosterpark das Fotoshooting stattfand. Fotoshooting, dies scheint mir auch wieder ein erklärungsbedürftiger Begriff zu sein. In Deutsch heißt dieses so viel wie: Bilderfolge von gestellten Aufnahmen, mit meist glücklich wirkenden Objekten, unter Zutun des Fotografen, zum Festhalten von Momenten, die später in verstaubten Fotoalben vergilben und noch viele Jahre später das Langzeithirn des Betrachter animieren soll, sich an den glücklichen Moment zurück zu erinnern. Wie gesagt, heute nur Shooting genannt.
Dieses soll es auch gewesen sein, ansonsten verrenne ich mich in Querverweisen.
Nochmals alles Gute dem Hochzeitspaar und euch kann man ja schon viele, viele Enkel wünschen, so ihr denn das Selberbasteln eingestellt habt!
Euer kleiner Tierfreund